Wir haben diese zweite Ausgabe unseres BBUG-Magazins „Perspektiven“ dem Thema der Sozialen Marktwirtschaft gewidmet. Wie gestalten wir unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in Zeiten vielfältiger Herausforderungen? Ein Thema, das sich über die fast sieben Jahrzehnte des Bestehens der BBUG wie ein roter Faden durch unsere Programme zieht. Die Marktwirtschaft ist nach wie vor das effektivste System, um Wohlstand, Freiheit und Demokratie zu befördern. Soziale Marktwirtschaft ist die vor allem in Deutschland ausgeprägte Form von organisiertem Kapitalismus, die eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung mit einem starken Sozialsystem verbindet. Ziel war und ist es, ein Gleichgewicht zu gewährleisten zwischen Wettbewerb, privaten Eigentumsrechten und freiem Unternehmertum einerseits und sozialem Zusammenhalt und sozialem Ausgleich andererseits. Dies hat bis heute Bestand und hat sich auch in den letzten, von einer Permakrise geprägten Jahren grundsätzlich bewährt.
Gleichwohl ist die Soziale Marktwirtschaft von verschiedener Seite unter Druck: Ihre breite Akzeptanz hängt nicht zuletzt von der Erfüllung ihres Wohlstands- und Aufstiegsversprechens ab. Das Spannungsfeld zwischen individueller Verantwortung und umfassender staatlicher Fürsorge bedarf der ständigen Überprüfung. Unternehmen wollen verläßliche und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen, sehen sich aber zunehmend mit einer dirigistischen Industriepolitik konfrontiert, deren anspruchsvolle Ziele und Detailvorschriften drohen, an den Realitäten von technischem Fortschritt, gesellschaftlicher Akzeptanz und weltweiter Märkte zu zerschellen. Gut gemeinte Regulierung – gerade auch auf der Ebene der EU – ist leider häufig nur das, aber eben nicht gut. In der Bewältigung von Krisen ist die parlamentarische Entscheidungsfähigkeit mitunter an ihre Grenzen gestoßen. In vielen Ländern beobachten wir einen Verlust von Vertrauen in und Legitimität von Marktwirtschaft und Demokratie. Vielen Regierungen erliegen dem süßen Gift des Protektionismus und schränken unternehmerische Spielräume ein.
Martin Wolf, Mitherausgeber und Chef-Kommentator der Financial Times, kommt zum Urteil: „Economic failings have shaken faith in global capitalism. Political failings have undermined trust in liberal democracy.“
An der Alumnibefragung zum Thema dieser Ausgabe haben sich fast 500 Alumni beteiligt. Wir freuen uns besonders, dass wir Antworten von Teilnehmenden des aktuellen 153. BBUG bis hin zum 50. BBUG erhalten haben. Die Leistungsfähigkeit der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland schätzen rund 20% der Befragten als gut oder sehr gut ein, rund 40% als ausreichend oder mangelhaft, der Großteil stellt dem Land in dieser Hinsicht die Note befriedigend aus – ein differenziertes Urteil. Bei der Frage nach den dringendsten Reformen gibt es ein markantes Ergebnis: den überwältigenden Wunsch nach Konstanz der Wirtschaftspolitik und verlässlichen Rahmenbedingungen. Eine richtige Erwartung, eine notwendige Bedingung für unternehmerisches Handeln. Und zugleich eine Erwartung, die angesichts der sich bildenden multipolaren Ordnung mit einer besorgniserregenden Konfliktlandkarte, der Klimakrise und schnellen technologischen Veränderungen vielleicht immer schwerer zu erfüllen ist. Eindrücklich stellen unsere Alumni auch die Frage, wie unternehmerische Initiative in einer Wettbewerbswirtschaft wieder gestärkt werden kann.
Wie können wir alle mitwirken, das Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft und unsere Demokratie wieder zu stärken - gerade in einem so intensiven Wahljahr? Wir fragen uns in unseren Programmen und auch hier im Heft, ob und wie sich Unternehmen politisch positionieren sollen. Verantwortliche Führung in Wirtschaft und Gesellschaft – unser Ziel – bedeutet für uns, dass Unternehmen in der Verantwortung stehen, in ihrem Wirkungskreis Ängste vor Veränderungsprozessen zu nehmen. Innovation und Fortschritt leben von einem positiven Zukunftsbild und ein solches anzubieten, verstehen wir als Aufgaben von Führungskräften in Unternehmen. So haben wir es in unserer Stellungnahme zum Umgang der BBUG mit der AfD aus dem Frühjahr für uns und die Arbeit der BBUG festgehalten.
Wir freuen uns sehr darüber, dass viele Rednerinnen und Redner unserer Programme in Baden-Baden, Berlin oder im Ausland auch als Autorinnen und Gesprächspartner unserer Magazine mitwirken, so auch in diesem Heft. Dies ist nicht selbstverständlich und wir danken ihnen herzlich für dieses Engagement.
Viel Freude bei der Lektüre unseres Magazins!
Abgelaufen oder zukunftsweisend?
Schwerpunkt Soziale Marktwirtschaft
An der Alumnibefragung zum Thema dieser Ausgabe haben sich fast 500 Alumni beteiligt. Das sagen unsere Alumni.
Tanja Gönner, Jörg Kukies, Ulrike Malmendier und Steffen Mau im Roundtable über den Zustand der sozialen Marktwirtschaft heute.